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Rückblicke

NASCAR Saison 1965 – Chrysler geht, Curtis Turner kommt zurück

Am 17. Januar fand in Riverside das Motor Trend 500 statt. Im ersten Rennen der Saison 1965 war kein einziger Dodge und Plymouth Werkswagen am Start, und Ford Produkte belegten die ersten acht Plätze. Zwei Wochen vor den Daytona Speedweeks wurde auch dem Letzten klar, das Chrysler hart bleiben würde, und die NASCAR Saison 1965 boykottierte. Die großen Namen aus dem Chrysler Camp traten an anderen Orten an. Grand National Titelverteidiger Richard Petty nahm an Drag Racing Wettbewerben im Süden teil. „Ich fühle ich mich wie ein Fisch auf dem Trocknen wenn ich den Süden verlassen muss,“ sagte Petty. „Weder mein Vater noch ich mögen lange Reisen. Wir werden mit dem Plymouth Barracuda hier auf der Viertelmeile antreten.“ Paul Goldsmith, David Pearson und Bobby Isaac fuhren in der USAC Stock Car Meisterschaft. Jim Paschal kehrte zurück zur heimatlichen Hühnerfarm. LeeRoy Yarbrough und Earl Balmer fuhren dort, wo immer sich ihnen die Möglichkeit bot.

Als die Grand Nationals langsam in Daytona eintrudelten, musste Bill France feststellen, das sich zwar eine ausreichende Menge eingefunden hatte, aber außer den Ford ließ sich kein nennenswerter Gegner blicken. „Es zeigt sich hier, das die Chrysler Leute ein Haufen lausiger Sportler sind,“ schimpfte ein verärgerter France. Das wegen Regens verkürzte Daytona 500 sah am Ende nur Ford und Mercury Modelle auf den ersten 13 Plätzen. Buck Baker’s Oldsmobile war schon in der ersten Runde des 100 Meilen Qualifikationsrennens bei einem Crash irreparabel beschädigt worden. Johnny Allen brachte seinen dicken Plymouth Fury als 23. ins Ziel — 19 mal überrundet. Die wenigen privaten Dodge, Plymouth, wie auch die Handvoll General Motors Fahrzeuge erwiesen sich als in keiner Weise konkurrenzfähig. Während der Speedweeks, machte Bill France ganz vorsichtig ein paar Friedensangebote, erste Anzeichen für ein Nachgeben im Regelstreit. „Wenn Chrysler den Hemi-Motor als optionale Variante in den Plymouth Furys und Dodge Polaras, zu einem vernünftigen Preis, anbieten würde, könnten sie damit auch bei NASCAR antreten.“ Auch wenn France zurücksteckte, Chrysler’s Ronney Householder blieb standhaft. „Der Hemi-Motor passt nicht in einen Fury oder Polara,“ widersprach er. „Wir haben die Belvedere und Coronet Baureihe für die Hemi-Maschine konstruiert. Das geschah lange bevor die neuen NASCAR Regeln kamen. Es ist technisch nicht möglich den Hemi in die großen Modelle zu bringen. Sie können nicht einfach auf einen Knopf am Fließband drücken, und dann kommt da ein neues Modell raus wie aus einer Popcorn Maschine.“

Richard Petty Drag StripInsgesamt 58.682 Zuschauer sahen das Daytona 500, ein herber Rückschlag verglichen mit den 69.738 aus dem Jahr zuvor. Ganz im Gegensatz dazu gab es einen regelrechten Zuschauerboom überall dort, wo Richard Petty mit seinem Plymouth Barracuda antrat. Am 28. Februar 1965 versammelten sich weit über 10.000 Zuschauer am Southeastern Dragway in Dallas, Georgia, einem Dragstrip, der normalerweise ein Maximum von 2.500 Zuschauern aufweisen konnte. Ohne Tribünen und Sitzplätze mussten die Zuschauer Schulter an Schulter am Streckenrand stehen, nur durch eine flache Böschung und einen Drahtzaun von den Fahrzeugen getrennt. Petty kommt in seinem ersten Heat, als die Ampel auf grün springt, nicht richtig vom Fleck. Erst im zweiten Gang zieht die Kraftübertragung richtig durch, doch jetzt gibt ein Reifen seinen Geist auf. Der hellblaue Plymouth schleudert quer über den Drag Strip, wird an der Böschung wie auf einer Rampe in die Luft gehoben und fliegt über den Drahtzaun mitten in die Zuschauer. Sieben Zuschauer erleiden erhebliche Verletzungen und ein abgerissenes Rad des Plymouth tötet den erst achtjährigen Wayne Dye aus Austell, Georgia.

In den Rennen zu Beginn der Saison tröpfelten die Zuschauer nur durch die Drehkreuze der Kassenhäuschen. Die Besucherzahlen sanken bei praktisch allen Strecken. Nelson Weaver, Präsident des Atlanta International Raceway, sagte, das er im Streit von NASCAR und Chrysler eine neutrale Position einnehmen würde. Trotzdem stellte er ein Ultimatum. „Wir befinden uns im letzten Jahr unseres Fünfjahres Vertrags mit NASCAR,“ sagte Weaver. „Es wird keine Verlängerung geben, bevor nicht eine Lösung in dieser Sache gefunden wird. Unsere Verpflichtungen reichen bis zu 13. Juni, und bis dahin können wir sie nicht ändern. Aber unsere Aufgabe ist es, den Besuchern den besten Rennsport zu bieten, den es gibt. Wenn die Auswertung der aktuellen Situation ergibt, das es im Interesse unserer Zuschauer besser ist , gewisse Veränderungen zu vorzunehmen, werden wir uns nicht scheuen, diese, nach dem 13. Juni, in die Wege zu leiten.““Alle Erklärungen, die Mr. Weaver jetzt abgibt, sind bisschen voreilig,“ antwortete France. „Ich bin immer noch sicher, dass das Verbot der teuren Spezialmotoren notwendig war. Zum anderen gibt es keine andere Organisation, die einem Veranstalter ein vergleichbar hochwertiges Starterfeld bieten kann, wie NASCAR. Chrysler könnte mit konkurrenzfähigen Wagen in unseren Rennen antreten, aber sie wollen nicht. Sie versuchen uns absichtlich zu schaden.“Ob absichtlich oder nicht, fast alle Veranstalter spürten Schmerzen, angesichts der halbleeren Tribünen, vor denen die Showrennen von Ford abliefen. Bill France versprach den beunruhigten Veranstaltern, das die Rettung im Frühjahr kommen würde — und die Rettung buchstabierte sich: C-H-E-V-R-O-L-E-T.Big Bill zog seine letzte Karte.

Junior Johnson und Rocky Marciano 1965Gerüchte aus Daytona Beach sprachen davon, das der dort ansässige Ray Fox zwei Chevrolet für die laufende Saison aufbaute. Jim Rathmann, Indy 500 Sieger von 1960, und Besitzer eines großen Autohauses für Chevrolet in Florida, sollte die finanzielle Quelle des Projekts sein. Wie verlautet, hatte er 700 seiner Händlerkollegen mit der Bitte um Unterstützung angeschrieben. Die Reaktionen waren, wie immer, schwach. „Vom Werk bekommen wir nicht eine Schraube,“ stellte Ray Fox fest. „Ein Händler in North Carolina, ich glaube aus Charlotte war das, schrieb zurück, das er mit Autorennen nichts im Sinn hat. Die verkaufen eine Menge Autos, und sind nicht an zusätzlicher Werbung durch Motorsport interessiert. Ich weiß nicht für wie viele Rennen das Geld reichen wird,“ fuhr er fort. „Ich habe den neuen 396 c.i. Chevy Motor auf 427 c.i. aufgebohrt, und diese Maschine wird Ford an die Zeichenbretter zurückzwingen. Um das zu schaffen, werden wir aber sicher noch mit einem Hut durch die Zuschauerränge laufen müssen.“ Die erste Chevrolet Karosserie wurde am 24. März bei Ray Fox angeliefert, 11 Tage vor dem Atlanta 500. „Bis dahin wird der Wagen auf keinen Fall fertig,“ bemerkte er. „Die Werbeleute aus Atlanta behaupten es zwar, aber es ist ihre Art Tickets zu verkaufen.“

Cale Yarborough Darlington 1965Weitere Nachrichten meldeten, das Buck Baker den Einsatz mit dem von Händlern gesponserten Oldmobile aufgibt. „Wir können nichts mehr aus der Kiste rausholen,“ räumte der zweifache Grand National Champion ein. „Ich lass den alten Büffel stehen, und besorg mir einen Chevy.“ Es dauerte noch bis zum 8. Mai in Darlington, bevor sich die neuen Chevrolet auf die Strecke sehen ließen. Es waren gleich zwei, aber keiner davon von Ray Fox. Buddy Baker hatte seinen neuen Chevy fertig, und Jim Paschal, ein Abtrünniger aus dem Chrysler Lager, fuhr einen Friedkin Enterprises Chevy, den Bill Thomas aufgebaut hatte. Das Qualifying, mit Paschal als 25. sowie Baker 2 Plätze dahinter, verlief enttäuschend. Beide waren schon zweimal überrundet, als sich Bill France in der 37. Runde den Mikrofonen der Radio Reportern stellte. „Ich bin glücklich, das sich die beiden Chevrolet so gut schlagen,“ sagte er. „Buck Baker und Jim Paschal machen da draußen einen guten Job.“ Jim Paschal lag auf dem achten Platz, als ihn eine gebrochene Nockenwelle in Runde 195 stoppte. Baker kam als 10. ins Ziel, 11 Runden hinter dem Sieger Junior Johnson. Richard Petty war als Zuschauer nach Darlington gekommen. Er bekam den größten Applaus der 15.000 Zuschauer — halb so viele wie 1964 –, als der Streckensprecher diese Nachricht verkündete.

Die Chevrolet waren im Rebel 300 in Darlington für die Ford keine ernsthafte Konkurrenz. So war letzte Hoffnung von Bill France der Einsatz des Ray Fox Chevy. Aber dessen Finanzen sahen nicht gerade rosig aus. Verschiedene Quellen behaupteten, „Was Rathmann von den Chevy Händlern bekommen hat, reicht nicht mal für ein vernünftiges Mittagessen.“ Doch zum World 600 in Charlotte brachte Fox seinen Wagen an den Start, mit LeeRoy Yarbrough am Steuer. Der Wagen hatte nur ein paar Proberunden hinter sich, bevor er bei der Inspektion durchfiel. NASCAR Chefinspektor Norris Friel begründete den Ausschluss. „Der Wagen erreicht nicht die vorgeschriebene Bodenfreiheit von 6½ inches,“ sagte Friel. „Diese Vorschrift ist schon viele Jahre alt und ich mache keine Ausnahmen. Es ist egal, welchen Wagen ich prüfe.“ Ray Fox, erbost über den Ausschluss, konterte: „Wenn die Regeln so wörtlich genommen werden, dürfte kein einziger Ford Werkswagen durch die Inspektion kommen.“ Nachdem die Qualifikation beendet war, trafen sich Richard Howard und A.C. Goines, Chefs des Charlotte Motor Speedway, hinter verschlossenen Türen mit Bill France. Bei diesem Treffen wurde beschlossen, das LeeRoy Yarbrough, auch ohne Qualifikation, als 44. beim World 600 an den Start gehen durfte. Zusammen mit den Wagen von Jim Paschal, Buck Baker und Ned Setzer, stellten sich vier Chevrolet der Ford Übermacht. Yarbrough schaffte eine begeisternde Aufholjagd bis unter die Top 10, bevor sein Motor nach 309 Runden aufgab. Paschal und Baker fielen ebenfalls mit Motorschäden aus. Ned Setzer wurde sechster, mit 18 Runden hinter dem Sieger Fred Lorenzen. Bill France konnte auch mit der letzten Karte keinen Stich machen. Ford belegte regelmäßig die Spitzenplätze in NASCAR Rennen, die Plymouth und Dodge regierten in der USAC. Chevrolet war, auch mit Meistermechaniker Ray Fox, in keiner Serie auch nur ansatzweise konkurrenzfähig.