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Rückblicke

NASCAR Saison 1964 – mehr Leistung, mehr Speed, … mehr Tote

Fireball Roberts 1964Das zweite Juwel der „Triple Crown“ Superspeedway Rennen neben dem Daytona 500 und dem Southern 500 war das World 600 auf dem Charlotte Motor Speedway. Auch hier lagen die Geschwindigkeiten in der Qualifikation weit über denen des Vorjahres. Jimmy Pardue holte sich seine erste Pole auf einem Superspeedway mit 144,346 auf dem Burton-Robinson Plymouth. Pardue aus North Wilkesboro, North Carolina schätze seine Pole höher ein als seine bisherigen zwei Siege auf Short Tracks, oder den zweiten Platz beim Daytona 500, drei Monate zuvor. Sofort nach dem Start übernahm er die Führung, bis Starter Roby Combs nach nur sieben Runden wild die gelbe Flagge schwenkte. Auf der Gegengeraden hatte sich ein schrecklicher Unfall ereignet. Junior JohnsonNed Jarrett & Fireball Roberts in Charlotte hatte eine leichte Berührung mit Ned Jarrett, der beide Fahrzeuge in einen Dreher zwang. Fireball Roberts, direkt dahinter, versuchte sich irgendwie an den beiden vorbeizuschlängeln. Aber der lavendelfarbige Holman-Moody stellte sich auf der Geraden quer und schlug furchtbar gegen die Kante eines offenen Tores in der Mauer. Das Fahrzeug, mit vollen Tanks, explodierte und rutschte brennend ins Infield. Auch Ned Jarretts Wagen drehte sich in die Mauer des Infields und fing Feuer. „Ich merkte das der Wagen brannte und sprang raus als er endlich zu Ruhe kam“, beschrieb Jarrett die Situation. „Ich hatte den Vorteil, das mein Wagen auf den Rädern stand und nicht innen brannte. Aber Fireball’s lag auf dem Dach, und aus dem Tank lief das Benzin in Innenraum. Ich rannte zur Mauer, drehte mich um, und sah das er versuchte aus dem Wagen zu kommen. Der ganze Rasen brannte inzwischen, und ich lief zu ihm rüber, um ihn rauszuholen. Er rief, „Mein Gott, Ned, hilf mir, ich brenne.“ Ich zog ihn heraus, und riss alle brennenden Sachen von ihm runter die ich greifen konnte.

Roberts wurde mit dem Hubschrauber ins Charlotte Memorial Hospital geflogen, wo sein Zustand am Sonntag dem 24. Mai um 13.15 Uhr als extrem kritisch eingestuft wurde. 80% seines Körpers wies Brandverletzungen auf, die Hälfte davon Fireball Roberts in CharlotteVerbrennungen zweiten und dritten Grades. Junior Johnson nahm unter Tränen erst mal alle Schuld auf sich. „Ich hab in Kurve zwei die Kontrolle über meinen Wagen verloren und Ned mitgerissen. Verdammt, ich kenne Fireball seit meinem ersten Rennen.“ Roberts Ford war vollständig zerstört, und wurde unter einer Plane in die Garage Area gebracht, die man vollständig abgesperrte. Lee Petty, einer der wenigen denen der Zutritt erlaubt wurde, brach ein Stück Blech von dem ausgebrannten Wrack, und übergab es den Ingenieuren von Chrysler. „Die Außenhaut der Ford ist so dick wie Seidenpapier,“ berichtete er. „Ich möchte nicht wissen, wie dünn die Schottbleche zum Motor oder zum Tank hin sind.“ Roberts kämpfte um sein Leben, und die täglichen Bulletins der Ärzte besagten, das der 35-jährige auf Weg der Besserung sei. Nach einer Woche wurde sein Zustand als nicht mehr kritisch eingestuft. „Er ist ein bemerkenswerter Patient mit starkem Willen,“ sagte ein Sprecher des Krankenhaus. „Wenn keine Infektionen auftreten, kommt dieser Mann durch.“ Doch Roberts Zustand verschlechterte sich am 30. Juni nach einer Operation, bei der verbrannte Kleidung entfernt werden sollte. Er fiel ins Koma, und starb zwei Tage später an Blutvergiftung und Lungenentzündung.

Mitte der Saison 1964 waren die Stimmen der Fahrer nicht mehr überhören, die den Finger auf die Wunde legten. „Wir haben auf den Superspeedways einen Punkt erreicht,“ sagte Buck Baker, „an dem wir uns nur noch fragen ob wir in einem Rennen überhaupt heil durchkommen, unabhängig davon auf welchem Platz.“ „Die Wagen sind zu schnell für die Strecken,“ meinte Junior Johnson. „Die Reifenfirmen sind nicht in der Lage Material herzustellen, das diese Geschwindigkeiten übersteht. Wie sollen wir es dann überstehen?“ Pat Purcell, NASCAR’s Geschäftführer, versprach die Rennen wieder sicherer, und langsamer zu machen. Zentraler Diskussionspunkt war die Reduzierung des Hubraums für die Saison 1965. Eine 396 cubic inch (6,5 l) Grenze wurde offen in Betracht gezogen, zusammen mit einer Verlängerung des Radstands auf 116 inches (2,9 m). Neben dem Widerstand von Seiten der Privatfahrer gegen eine neue Motorregel, war es auch die Angst von NASCAR die Werkswagen an den Konkurrenten USAC zu verlieren, der gerade 427 cubic inches als Standard festgeschrieben hatte.

Um die Probleme mit den Reifen in den Griff zu bekommen, ließen die Reifenfirmen intensiv Testfahrten durchführen. Fast alle Werksfahrer, und das waren immerhin 17, partizipierten von diesen Reifentests auf den Superspeedways. Jimmy Pardue war als Fahrer für eine Serie von Testfahrten am 22. September auf dem Charlotte Motor Speedway vorgesehen. Er brachte seinem roten Plymouth an die Strecke um auf dem 1,5 Meilen Oval über 10 Runden die neuesten Reifen zu probieren. Nur zur 10. Runde kam es nicht mehr. In der siebten Runde — der gleichen, in der auf dieser Strecke vier Monate zuvor Fireball Roberts seinen schrecklichen Unfall hatte — war erneut das widerliche Geräusch eines platzenden Reifen zu hören. Pardue, in der Runde zuvor mit 149 mph gezeitet — 4 mph schneller als der Streckenrekord — schoss die Kurve 3 nach oben in die Leitplanken. Die hölzernen Pfosten an denen die Planke verschraubt war, zerbrachen wie Streichhölzer. Aus einer Höhe von 23 Meter flog der Wagen weit hinab in die Außenanlage und wurde von einem ausgetrockneten Abwassergraben neben dem Tunnel zum Infield brutal gestoppt. Die Trümmer des Wagens lagen in einem Umkreis von 150 Metern verteilt. Die Fahrer Darel Dieringer, Larry Thomas und Bill Wade zogen den leblosen Pardue aus dem zerstörten Wagen, und um 14.10 Uhr wurde er in das Cabarrus Memorial Hospital in Concord eingeliefert. Jimmy Pardue, 33 Jahre alt, starb um 16.38 Uhr kurz nachdem seine Frau Betty an seinem Bett eintraf. Pardue starb an seinen schweren Kopfverletzungen, die von einem durch die Windschutzscheibe gedrungenen Teil der Leitplanke hervorgerufen worden waren.

I
nnerhalb von zwei Wochen hatte NASCAR die Regeländerungen für die Saison 1965 fertiggestellt. Der Radstand wurde für die Superspeedways auf 119 inches (3,0 m) festgelegt, und die geplanten 116 inches galten somit nur für Short Track Rennen. Der Hubraum blieb, mit Blickrichtung auf die USAC, unverändert bei 427 cubic inches. Nur alle modernen Techniken wie obenliegende Nockenwellen, Zwangssteuerungen der Ventile oder besondere Brennraumformen wurden verboten. Ford, mit seinem Hi-Riser Motor ohnehin unzufrieden brachte die neue Regel nicht in Schwierigkeiten, auch General Motors, immer noch in seiner Selbstisolation gefangen, konnte die neuen Regeln problemlos abnicken. Nur für Chrysler war das Verbot ein Desaster. Ohne den Hemi-Motor sackte das Leistungsniveau der Plymouth und Dodge auf die Ebene der Privatfahrer. Cotton Owens, Besitzer eines Dodge Teams stellte resigniert fest: „Damit sind wir raus aus dem Rennen.“

Richard Petty 1964Richard Petty folgte nun den Spuren seines Vaters nach und gewann den Grand National Titel mit 9 Siegen und $114.771 Preis- und Punktgeldern. Dem Short Track Spezialisten Ned Jarrett reichten seine 15 Siege nur zum zweiten Platz in der Tabelle.

Drei Stock Car Helden verloren 1964 ihr Leben im NASCAR Sport und die Saison 1965 war gerade mal fünf Tage alt, als auch noch Billy Wade, der in Charlotte noch den leblosen Jimmy Pardue aus dem Auto gezogen hatte, selbst bei Reifentests in Daytona zu Tode kam. NASCAR hatte die Notbremse gezogen und die Regeln für die kommende Saison geändert. Aber die neuen Regeln zogen auch eine Reihe von Boykotts, angeführt von der Crysler Corporation nach sich, die der NASCAR Grand National Serie für den größten Teil der Saison 1965 fernblieben.

© 1988 Gregory Lawrence Fielden
FORTY YEARS OF STOCK CAR RACING
Deutsche Fassung © 2004 Reiner Melching