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Rückblicke

NASCAR Saison 1950 – Das Kind muss erst mal laufen lernen

Im Juli 1950 kündigt der Betreiber des Lakewood Speedway in Atlanta, Sam Nunis, an, ein 500 Meilen Rennen am Labor Day, dem ersten Montag im September, auszurichten. Alle Serienwagen, auch Importwagen aus Europa sollten 500 Runden auf Lakewood’s gefährlichen und staubigen 1-Meilen Oval absolvieren. Zusammen mit der CSRA plante Nunis Amerikas erstes 500 Meilen Stock Car Rennen. Die Medien waren begeistert, und das Rennen beherrschte die Titelseiten der Sportpresse. Trotz seiner Skepsis, das eine solche Rennlänge für Serienwagen zu lang sei, war Bill France in Zugzwang geraten. Er traf sich mit Harold Basington, dem Besitzer des fast fertiggestellten Darlington Raceway. Der erzählte ihm, das die CSRA große Schwierigkeiten hätte, ein ausreichendes Startfeld für das geplante 500 Meilen Rennen zusammenzustellen. France telefonierte mit Mason Brenner, dem Präsidenten der CSRA, und bot ihm an, mit seinen „Southern Drivers“ ein Feld mit 75 Wagen zu garantieren. Nachdem die zwei den Vertrag für Darlington unterzeichnet hatten, sagte Sam Nunis sein 500 Meilen Rennen in Atlanta ab. Ein weiterer Sieg für NASCAR.
Das Southern 500 war das Rennen des Jahres 1950. Es richtete die Aufmerksamkeit der Nation auf den Ort und die Strecke von Darlington. Das Preisgeld war mit $ 25.000 ungefähr 10-mal höher als das was es bisher zu gewinnen gab. Da die Vergabe der Meisterschaftspunkte von der Höhe des Preisgelds abhingen, war klar, das der Sieger einen gewaltigen Sprung in der Tabelle machen würde. Am 4. September 1950, dem Labor Day, gingen 75 Wagen vor mehr als 25.000 Zuschauern an den Start. Kaum ein NASCAR Fahrer war zuvor Rennen auf einem Asphaltkurs gefahren, ausgenommen Johnny Mantz. Seine Erfahrung aus AAA Indy Cars machten ihm schnell klar, das das Rennen für ihn mit normalen Straßenreifen nicht zu gewinnen war. Darum zog er auf dem ihm, von Bill France, zur Verfühgung gestellten Oldsmobile, Lastwagenreifen auf. Die verhalfen ihm einerseits zur langsamsten Qualifikationszeit, aber andererseits auch zum Sieg mit zwei Runden Vorsprung.

Darlington und der kleine schwarze Plymouth

1950 - Johnny Mantz' Plynouth Die Geschichte könnte anfangen mit: „Es war einmal ein kleiner schwarzer Plymouth, der machte…“. Und ihr werdet euch fragen, was machte er?
Nun, ich werde euch erzählen, was unser kleiner schwarzer Plymouth getan hat. Am 4. September 1950 startete er, zusammen mit 74 großen Cadillacs, Lincolns, Oldsmobiles und Buicks, bei NASCARS’s erstem 500 Meilen Stock Car Rennen, und steckte sie alle in die Tasche.
Es gibt so viele Geschichten über die wilden Tage des ersten Southern 500. Da ist die von Herschell McGriff und seinem 50er Oldsmobile. Man glaubt es kaum, aber Herschell fuhr mit seinen Olds von Portland in Oregon bis nach Darlington, malte die Nummer 52 auf Dach und Türen, und trat damit beim ersten Southern 500 an. Er startete als 44., kam als 9. ins Ziel, erhielt $500 Preisgeld — alles mit dem Nummernschild Oregon #695-760 — und fuhr danach mit den Wagen zurück nach Hause.
Dann waren da noch Curtis Turner und Red Byron. Curtis startete von der Pole Position, endete als 60., nachdem er 27 Reifen verheizt hatte, gewann aber immerhin $320. Red Byron hatte etwas mehr Glück. Am Start noch siebter., im Ziel dritter, aber mit 10 Runden Rückstand. Nicht schlecht, wenn man bedenkt, das er 24 Reifen verbrauchte, und mit einem Preisgeld von $2.000 entschädigt wurde.
Aber dies ist die Geschichte von einem kleinen 6-zylindrigen, schwarzen Plymouth. Big Bill France glaubte, das es, für NASCAR’s erstem 500 Meilen Rennen, angebracht sei, etwas eher am Austragungsort in Darlington anwesend zu sein. So trafen Big Bill, Alvin Hawkins und Curtis Turner, schon ein paar Wochen vor dem großen Rennen, vor Ort ein. Nach kurzer Zeit stellten sie fest, das ein zusätzliches Fahrzeug notwendig war, um alle Transporte und Besorgungen von und zur Rennstrecke zu schaffen. So kauften sie eine kleine 2-türige Plymouth Limousine, direkt aus dem Schaufenster eines Händlers, und parkten es vor ihrem neuen Hauptquartier, dem Darlington Motel. Das kleine Auto erfüllte seine Aufgaben prächtig. Er machte viele Fahrten nach und von Elk’s Lodge in Florence, um Essen und Getränke für die fleissigen Planer zu besorgen, und transportierte die verschiedensten Leute aus den unterschiedlichsten Gründen. So entstand schnell sein Spitzname: „Das kleine schwarze Taxi“. Johnny Mantz im Indy CarAuftritt des Hollywood Stuntman und Indianapolis Fahrers, Johnny Mantz. Johnny war schon einige Tage erfolglos in der Stadt unterwegs, auf der Suche nach einer Startmöglichkeit im kommenden Rennen. Einen Tag vor dem Start betrat er das Hauptquartier der Rennleitung, fragte nach dem schwarze Taxi, und erhielt zur Antwort, das es gerade irgenwo unterwegs sei. Johnny bat um Nachricht wenn es zurück sei, weil er damit morgen an dem Rennen teilnehmen wolle. Nun, Johnny’s Spitzname war „Madman Mantz“, aber es war überhaupt nicht verrückt, was er und der kleine 6 Zylinder Plymouth machen mußten, um 74 dicke V8-Boliden zu schlagen.
Johnny kannte die Geschichte vom Hasen und Igel, und als Indy 500 Fahrer wusste er, die Reifen sind der Schlüssel zum Erfolg. Mit einem Satz Truckreifen, so seine Überzeugung, brauchte er sich bei einem Rundendurchschnitt von 75 mph keine Gedanken über die Reifen machen, und über den Plymouth sowieso nicht. Es funktionierte perfekt, die dicken V8 zogen regelmäßig auf und davon, und er tuckerte wieder an ihnen vorbei, wenn sie mit der gleichen Regelmäßigkeit an den Boxen neue Reifen aufziehen mussten. Die großen V8 konnten sich gegenseitig kaputtfahren, und der „Madman“ konnte in Gelbphasen zu seiner Box tuckern, um sich um den Wagen zu kümmern.
Um die lange Geschichte abzukürzen. Sechs Stunden und 39 Minuten nach der grünen Flagge, fuhr Johnny Mantz und der kleine schwarze Plymouth als Sieger durchs Ziel. Dazu hatte er auch noch zwei Runden Vorsprung vor dem zweitplazierten Fireball Roberts auf einem V8 Oldsmobile. Oh ja, es gab viele Neider und Protestler, die der Meinung waren, das ein kleiner schwarzer Plymouth so ein Rennen nicht gewinnen könne. Die NASCAR Offiziellen schraubten, auf der Suche nach illegalen Teilen, den gesamten Wagen auseinander. Aber sie fanden — nichts.
So siegte Johnny Mantz im ersten Southern 500 für Stock Cars in Darlington, kassierte ein Preisgeld von $10.510, und — kehrte zurück nach Hollywood.
Der kleine schwarze Plymouth, nun, der steht heute auf einem gebührenden Platz im Joe Weatherly Stock Car Museum, das auf dem Gelände des Darlington Raceway in South Carolina beheimatet ist.

published with permission of Dick Ralstin (Hey Dick, you’ve done a great job)

© 1987 Gregory Lawrence Fielden
FORTY YEARS OF STOCK CAR RACING
Deutsche Fassung © 2004 Reiner Melching