Die Presseerklärung von AAA Präsident Sordoni beinhalte nicht nur die Bekanntgabe des Rückzugs aus dem Rennsport, sondern auch deren Begründung. Neben den Äußerungen über die allgegenwärtigen Gefahren, zog er ganz grundsätzlich die Verbindung von Autorennen und Fortschritt bei den normalen Privatwagen in Zweifel. Eine Ansicht, die eine scharfe Erwiderung von Bill France nach sich zog. „Autorennsport hat zu jeder Zeit dazu beigetragen, und das ist bis heute so, das die Autoindustrie in der Lage ist, ihren Kunden Autos mit einem Höchstmaß an Sicherheit, Zuverlässigkeit und Komfort anzubieten. Rennen waren und sind die Testplattform die viele wichtige Fortschritte der Automobiltechnik ermöglichen. Die Reifenhersteller geben heute tausende von Dollar für die Entwicklung von Rennreifen aus, die sich in naher Zukunft direkt auf die Sicherheit unserer Highways auswirken werden.“ Und dem Speerfeuer der Renngegner nicht ausweichend, setzte er noch eins drauf: „Gerade in punkto Sicherheit hat NASCAR seit ein paar Jahren die Führung übernommen,“ erklärte er. „Vor zwei Jahren ist NASCAR bei den Herstellern vorstellig geworden, weil wir festgestellt haben, das die Türschlösser größeren Belastungen nicht standhalten. Wir verlangten, extra verstärkte Schließmechaniken für alle Wagen. Als direkte Folge davon, wird der Modelljahrgang 1956 diese Mechaniken serienmäßig eingebaut haben.“ Dazu versuchte er den unsicheren Gemütern wieder neuen Mut zu geben. „NASCAR vertritt die Interessen von mehr als hundert Streckenbesitzern, tausender Mitglieder und Millionen von Fans von einem zum anderen Ende unseres Landes. NASCAR ist die größte Rennsportorganisation der Welt, und die Welt vertraut darauf, das wir in unseren Veranstaltungen Sportsgeist und Sicherheit weiter miteinander verbinden. Wir werden in Zukunft unser Programm in allen Bereichen des Stock Car Sports ausweiten und den Herstellern das Fundament für zukunftsträchtige Entwicklungen sein.“
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NASCAR Saison 1955 – Harte Zeiten und harte Dollars
Am 20. März 1955 starb der Indy Car Fahrer Larry Crockett bei einem scheußlichen Unfall auf dem Langhorne Speedway. Sechs Wochen später, am 1. Mai, verbrannte Mike Nazaruk in seinem Wagen auf dem gleichen Kurs. Beim Indy 500 des Jahres 1955 war es der stille Serbe, Bill Vukovich, auf dem Weg zu seinem dritten Sieg in Folge, der sich mit seinem Wagen endlos lange außerhalb der Gegengerade überschlug, und in einem Feuerball endete. Andere AAA Fahrer, wie Jack McGrath, Jerry Hoyt und Manuel Ayulo, trugen schwerste Verletzungen davon. Die Rennsaison 1955 in Amerika atmete den Hauch der Tragik. Doch das Unfassbare ereignet sich auf der anderen Seite des Atlantiks. 11. Juni, 18.20 Uhr, LeMans. Ein Pulk von fünf Wagen biegt in die Zielgerade ein. Der Jaguar von Mike Hawthorn, Macklin auf Austin-Healey, Pierre Levegh, Juan Manuel Fangio und Karl Kling, alle auf Mercedes. Um dem zur Boxengasse hin anbremsenden Hawthorn-Jaguar auszuweichen, schert Macklin ziemlich abrupt nach links aus. Levegh, der mit seinem weitaus schnelleren Mercedes gerade im Begriff war zu überholen, rammt den britischen Wagen von hinten. Das lange, flache Heck des Austin wird für den Mercedes zur Flugrampe, er bekommt Auftrieb, fliegt durch die Luft und zerschellt an einem Begrenzungswall. Während der Austin von Macklin von einer Rennbahnseite zur anderen schlingert und zwei Personen niedermäht, ehe er zum Stillstand kommt, fliegen Teile des Levegh-Mercedes und der explodierende Motor in die Tribünen und richteten unter den Zuschauern ein Massaker von noch nie da gewesenen Ausmaß an. 82 Tote! Es war und es ist die dunkelste Stunde in der Geschichte des Automobilrennsports.
In der Gesellschaft hatten die Bedenkenträger gegen den Rennsport jetzt Oberwasser. In einigen Ländern wurde jede Art von Sport mit Motorfahrzeugen verboten, und auch die wohlwollende Haltung der Amerikaner war stark gefährdet. Der demokratische Senator Richard Neuberger, aus Oregon, ist der erste, der in einer Rede am 12. Juli, vor dem Senat in Washington, ebenfalls ein vollständiges Verbot fordert. Der anwesende Präsident Dwight D. Eisenhower muss sich folgendes anhören: „Mr. President, ich denke die Zeit ist gekommen, alle Autorennen und ähnliche Blutbäder in Amerika zu verbieten. Ich bezweifle, das in spanischen Stierkämpfen so viel Blut fließt, wie heutzutage auf den Rennstrecken in diesem Land. Es ist nicht mehr weit, das auch weibliche Rennfahrer in schauderhaften Unfällen ums Leben kommen…. Wir erlauben Kindern einer Veranstaltung beizuwohnen, bei Männer und Frauen sich dem Risiko hingeben, zu sterben oder verstümmelt zu werden. Wenn Autorennen zur Perfektionierung normaler Straßenfahrzeuge notwendig ist, so ist das eine absolut lächerliche Behauptung. Ich vermute, bald werden andere kommen und behaupten, man muss Pferde nur von den Klippen stürzen, um ihre Sprungkraft zu verbessern…. Ich glaube, für die USA ist die Zeit ist gekommen, sich als zivilisierte Nation zu erweisen, und das Gemetzel an den Rennstrecken zu beenden, das offensichtlich nur dem Profit und den Wonnen einiger tausender kreischender Zuschauer dient.“ Trotz der unsinnigen Argumente, gehörten ihm die Titelseiten der Presse. Titelzeilen, die NASCAR Fans schaudern ließen. Nur einen Monat später platzte dann die Bombe, die den Autorennsport in die Knie zwingen konnte. Andrew J. Sordoni, Präsident der AAA (American Automobile Association), die seit 54 Jahren das Indy 500 und die zugehörige Meisterschaft ausrichtete, gab diese Erklärung ab: „Upon completion of the schedule of events already undertaken for the year 1955, the AAA will disassociate itself from all types of automobile racing in the United States.“ Die Rückzugsmeldung der AAA aus dem Rennsport forderte heraus, Erwiderungen und Meinungen von sich zu geben. Bernd Kahn vom den Daytona Beach News: „Nach dem Ausstieg der AAA bleibt praktisch nur noch NASCAR auf dem Fahrersitz. Doch die Zukunft des Rennsports ist dadurch nicht gefährdet. Die Bühne ist bereitet für den Auftritt von Bill France, dem NASCAR Präsidenten. Der Autorennsport wird ebenso bleiben, wie die Atombombe, der Sex und die Eiscreme.“ Editorial der New York Daily News: „Ich glaube, die AAA war gut beraten. Mag sein, das Rennen früher der Entwicklung und dem Fortschritt der Technik dienten. Aber diese Tage sind längst vorbei. In unserer Zeit erwarten viele in morbider Begeisterung nur noch, wie jemand auf der Rennstrecke stirbt, oder sich verletzt. Und diese Erwartung wird immer sicherer erfüllt. Warum sollte die AAA diese Morbidität noch länger liefern?“