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Historische Rennstrecken

Lost Tracks – North Wilkesboro Speedway

Mit dem North Wilkesboro Speedway fiel im Jahr 1996 eine Traditionsstrecke zugunsten des Texas Motor Speedway aus dem Kalender.

Der North Wilkesboro Speedway hat seine besten Jahre hinter sich. @Ryan SeagravesDer North Wilkesboro Speedway hat seine besten Jahre hinter sich. ©Ryan Seagraves

Luftansicht des North Wilkesboro SpeedwayLuftansicht des North Wilkesboro SpeedwayDer North Wilkesboro Speedway war ein typischer Short Track, also ein kurzes Oval in der gleichen Kategorie wie Martinsville oder Bristol, mit einer Streckenlänge von 0,625 Meilen (1,006km). Die Rennstrecke direkt neben der US State Route 421 liegt etwa 6km östlich der Stadt North Wilkesboro im US-Bundesstaat North Carolina. Es wurden zahlreiche Stock-Car-Rennen in den Jahren zwischen 1949 bis 1996 gefahren. Das Banking der beiden Kurven betrug 14 Grad, während die beiden Geraden kaum eine Überhöhung hatten, dafür aber eine Eigenart mit einem Gefälle auf der Zielgeraden (Frontstretch) und einer Steigung auf der Gegengeraden (Backstretch). Die Zuschauerkapazität wurde im Laufe der Jahre immer weiter ausgebaut und hatte, in den späteren Jahren, Platz für 40.000 Fans.

Die Bauarbeiten an der Rennstrecke wurden bereits 1945 begonnen, die Eröffnung war dann am 18. Mai 1947 mit einem Stock-Car-Rennen, also noch zwei Jahre vor der Gründung der NASCAR Organisation. Das Rennen wurde von einem der berühmten Flock-Brüder, vor etwa 10.000 Zuschauern, gewonnen.

Das erste NASCAR-Rennen in North Wilkesboro wurde am 16. Oktober 1949 ausgetragen. Es war zugleich das Abschlussrennen der Saison, das «Wilkes 200». Tagessieger war Bob Flock und Red (Robert) Byron stand danach als erster Champion der NASCAR Grand National Series fest.

Alle Topserien der NASCAR, wie die Grand National Series (1949 – 1971), der Winston Cup und die Busch Grand National Series, trugen in North Wilksboro Rennen aus.

Das «Holly Farms» 400 1984. ©Dennis BeckDas «Holly Farms» 400 1984. ©Dennis Beck

Die Rennen der NASCAR waren: das «Wilkes 200» (1949–1953/1961), «Wilkes 160» (1953–1959), «Wilkes 320» (1960/1962), «Wilkes 400» (1963–1976), «Gwyn Staley 160» (1959–1960), «First Union 400» (1961–1996) und das «Tyson Holly Farms 400» (1979–1996).

In zusammengefassten 50 Jahren Stock-Car-Rennsport in North Wilkesboro gab es einige besondere Highlights.

Beim «Wilkes 400» im Jahr 1972 lieferten sich Bobby Allison im #12 Coca-Cola-Chevelle und Richard Petty mit dem #43 STP Plymouth 39 Runden lang ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Führung. Dabei wechselte die Führung zwischen den beiden Kontrahenten dreizehn Mal und die beiden Fahrzeuge rempelten sich untereinander und drückten sich gegen die Begrenzungsmauern. Richard Petty konnte in der letzten Runde knapp vor Allison den Sieg erringen. Im darauffolgenden Jahr 1973 war der Zieldurchlauf genau umgedreht.

Die Tribüne des Speedway. ©Ryan SeagravesDie Tribüne des Speedway. ©Ryan Seagraves

Cale Yarborough war der dominierende Fahrer in den folgenden Jahren und er gewann das Rennen 1978 trotz eines platten Reifens.

Auch beim Rennen 1988 lieferten sich zwei Fahrer einen harten Kampf um die Führung. Dale Earnhardt und Ricky Rudd fuhren so aggressiv über 40 Runden lang gegeneinander, dass beide eine schwarze Flagge von der Rennleitung erhielten und ans Ende des Feldes versetzt wurden.

Earnhardt und Rudd gerieten auch 1989 wieder aneinander wobei Earnhardt bereits 343 von 400 Runden geführt hatte, aber beide kamen von der Strecke ab und Geoff Bodine zog an ihnen vorbei. Earnhardt erreichte nur Platz 10 und verlor wichtige Punkte in der Meisterschaft, die er am Ende der Saison durch einen 12-Punkte-Rückstand gegen Rusty Wallace verlor.

Von hier oben wurden die Rennen damals kommentiert. ©Ryan SeagravesVon hier oben wurden die Rennen damals kommentiert. ©Ryan Seagraves

Kurios war auch der Rennsieg von Brett Bodine im Frühjahrsrennen 1990. Denn während einer Gelbphase setzte sich das Pace Car vor ein anderes Fahrzeug, wodurch Bodine eine Runde Vorsprung erhielt und vor Darrell Waltrip ins Ziel fuhr, übrigens zu seinem einzigen Winston-Cup-Sieg.

Die meisten Siege in North Wilkesboro erreichte Richard Petty mit 15 Besuchen in der Victory Lane. Den Rekord für den jüngsten Starter im Winston Cup hielt Bobby Hillin beim 1982er «Northwestern Bank 400» im Alter von 17 Jahren. Ein Rekord, der im Winston Cup nicht mehr gebrochen werden konnte, da die NASCAR mit dem Hauptsponsor Winston das Mindestalter zur Startberechtigung auf 18 Jahre festlegte.

Das letzte Rennen der NASCAR am 29. September 1996 gewann Jeff Gordon mit der seltenen Ausnahme, dass alle 37 gestarteten Fahrzeuge das Rennen auch beendeten. In diesem Jahr wurde der North Wilkesboro Speedway zu gleichen Teilen von Bob Bahre, dem Besitzer des New Hampshire Motor Speedways und Bruton Smiths Speedway Motorsports Inc., die einige Rennstrecken besaß, aufgekauft. Das Frühjahrsrennen von North Wilkesboro wurde von Smith an den Texas Motor Speedway verlegt und Bahre zog das Rennen im Herbst an den New Hampshire Motor Speedway ab.

Plakat des 1983er Holly Farms 400. ©Andy TowlerDas Programmheft zum 1972er 400-Meiler mit Richard Petty auf der Titelseite.

NASCAR trug nie mehr ein Rennen in North Wilkesboro aus. Im November 2007 verkaufte Bob Bahre seinen Anteil an der Rennstrecke an Bruton Smith, im gegenseitigen Tausch der Anteile von Smith am New Hampshire Motor Speedway.

Jeff Gordon war 1996 der letzte NASCAR-Sieger in North Wilkesboro. ©NASCARJeff Gordon war 1996 der letzte NASCAR-Sieger in North Wilkesboro. ©NASCARPläne zur Erhaltung der Rennstrecke bzw. zur Wiedereröffnung gab es bereits in den Jahren zwischen 2005 bis 2009 von Rob Marsden und STS (Save the Speedway) Motorsports. Die Inhaber Bruton Smith und Bob Bahre hatten die Strecke zum Verkaufspreis von 12 Millionen US Dollar angeboten, aber trotz zahlreicher Bemühungen und Kontakten mit diversen Stock-Car-Rennorganisationen fanden sich keine Investoren für die Strecke. Lediglich einige NASCAR Teams zeigten Interesse daran, die Strecke zu Testfahrten oder für ihre Racing Schools zu nutzen.

In Zusammenarbeit mit Speedway Associates erreichte STS Motorsports dann aber noch die Austragung von drei Rennen im Jahr 2010. Die ASA Late Model Series veranstaltete ein Rennen, der USAR Pro Cup und die PASS Super Late Model Series. Beim Rennen der PASS, mit historischen Rennfahrzeugen, kam es zum ersten und letzten Rennsieg einer Frau auf dem North Wilkesboro Speedway. Susan Kimel siegte im Chevrolet Chevelle. Für das Jahr 2011 wurde ein weiteres Rennen der PASS Super Late Models angekündigt und die Buck Baker Driving School wollte den Speedway für ihre Fahrten nutzen. Aber im Mai 2011 gab Speedway Associates Inc. den vollständigen Rückzug aus allen Vorhaben für North Wilkesboro bekannt und damit wurde die Rennstrecke erneut geschlossen.

Die Rennstrecke lebt, wie auch der Riverside International Raceway, virtuell fort für die PC-Spieler in der bekannten Rennsimulation NASCAR Legends von Papyrus / Sierra.

Story © by Thomas F. Lutz